Hätti dadi wari – auf der Suche nach dem Konjunktiv
Warum so eine merkwürdige Überschrift? Ganz einfach: Hätti, dadi, wari ist ein bayrisches Sprichwort (Hätte ich, Täte ich, Wäre ich), was Anja gern mal über die Lippen geht und was genau unsere Situation im Harz beschreibt:
Hätte es kein Corona und damit kein Beherbergungsverbot gegeben, wäre das Wetter schöner und die Wanderwege trockener gewesen und hätte Anja nicht eine Mordserkältung ausgebrütet, wäre unsere Tour auf dem Harzer Hexenstieg sicher sehr schön geworden.
So war es für uns sehr anstrengend, unsere Lust am Wandern ohne Gepäck nicht zu verlieren, im dichten Nebel und mit nassen Füßen immer noch positiv zu denken und uns abends auf den nächsten Wegabschnitt zu freuen. Es war sicher nicht unsere schönste Wandertour, aber vielleicht eine der Touren, in denen wir am meisten Erfahrungen sammeln konnten und ein bisschen stolz auf uns sein können, „trotzdem“ durchgehalten zu haben.
Wir haben 77 km in 5 Tagen zurückgelegt (mit unseren kleinen Touren vor und nach dem Hexenstieg), den Harz bei viel Regen und wenig Sonnenschein kennengelernt und können ein Häkchen an den Brocken setzen. Wir kommen in 10 Jahren wieder, wenn es uns denn noch gibt, und schauen, was aus dem „Urwald“-Projekt geworden ist. Jetzt sind wir erst mal froh, wieder in der Heimat zu sein.
Tropf, tropf, tropf – das stetige Geräusch weckte uns heute Morgen im Hotel in Braunlage. Wir werden wohl keine großen Fans dieser Ortschaft werden – das Hotel liegt direkt an der Hauptstraße, die Häuser bräuchten alle mal eine Generalüberholung und als wir schließlich an der Bushaltestelle in Braunlage auf den Bus warteten, der uns wieder hoch nach Torfhaus bringen sollte, tat der Regen sein Übriges, um uns keine Lust mehr auf Braunlage zu machen.
Um nicht alles schlecht zu reden – das Frühstück im Hotel war lecker und auch unser Lunchpaket hochwertig und reichhaltig.
Im Bus ging es dieses Mal zum Glück ruhiger zu. Noch einmal sahen wir die kilometerweiten toten Waldlandschaften und kämpften mit unseren Gefühlen. Die Stimmung war ein bisschen auf dem Boden, da wir uns auf eine weitere matschige und regennasse Wanderung einstellten und uns einfach die Lust verging.
In Torfhaus fanden wir schnell den Einstieg und hatten auch gleich unser nächstes Ziel vor Augen – 8 km sollten es bis auf den Brocken sein. Und los!
Unser Weg führte uns Wald-Wandel-Weg vorbei zum Luchsdenkmal. Im Jahr 2000 konnten erfolgreich Luchse im Harz angesiedelt werden. Also war es höchste Zeit für einen kleinen Hexenschnappschuss.
Ab hier ging es sehr lang auf einem breiten Wanderweg in Richtung Brocken. Hier schöpften wir dann auch ein bisschen Hoffnung, weil wir auf den Infotafeln lesen konnten, dass man der Natur ihren Lauf lässt und man davon ausgeht, dass durch das Totholz neues Leben enstehen kann, sich ein Strukturwandel im Wald vollzieht und der damit wachsende „Urwald“ besser für die ganze Vegetation ist. Das bestätigte auch unsere Vermutung vom Vortag, denn wir hatten ja bereits kleine Laubbäume zwischen den abgestorbenen Nadelbäumen entdecken können.
Je näher wir dem Brocken kamen, umso mehr Menschen kreuzten unseren Weg. Wir haben ja prinzipiell nichts gegen andere Wanderer, aber hier ging es einfach zu wie auf der Autobahn. Wir lieben die Ruhe der Natur und das Entdecken jeder wundervollen Ecke und zwar Schritt für Schritt.
Deshalb haben wir uns beeilt, nach oben zu kommen, um ein kleines Erledigt-Häkchen an den Brocken machen zu können. Wie schön, dass unsere Bemühungen mit einem wundervollen Regenbogen belohnt wurden.
Der Brocken erinnerte uns an den Fichtelber – stürmisches Wetter, ein fantastischer Ausblick und ein Touristenmagnet. Deshalb posierten wir schnell für unser Hexenfoto und düsten im Sauseschritt wieder bergab.
Zu unserem Bedauern ging es über 5 km auf einer Asphaltstraße bergab. Wir hatten Hunger und brauchten dringend eine Pause, aber so mitten auf der Straße. Also Zähne zusammenbeißen und weiter. Zum Glück gab es fast am Ende der Straße eine schöne Rastecke und da hob sich unsere Laune immens. „Du bist nicht Du, wenn Du hungrig bist“, heißt es so schön. Das galt wohl auch für das Wetter, denn nach unserer Pause zog endlich der Himmel auf und wir sahen etwas von dem schönen, bunten, herbstlichen Harz.
Nach wenigen hundert Metern verließen wir dann auch endlich die Asphaltstraße und betraten wieder die Mondlandschaften, die wir bereits gestern in Torfhaus zu Gesicht bekamen. Das Silber, Grau und Weiß hat auch seinen Reiz.
Nun ging es frischen Schrittes bergab und die Vegetation veränderte sich viertelstündlich. Waren es am Anfang noch die grauen Totholzwälder, die unseren Weg säumten, wanderten wir bald durch (noch nicht befallene) grüne Nadelholzgebiete und später dann durch den wunderschönen, bunten Laubwald, der mehr nach unserem Geschmack war.
Einen kleinen Zwischenstopp legten wir noch am Trudenstein ein, um wenigstens einmal ein Panoramafoto im Sonnenschein zu bekommen.
Hier konnten wir auch endlich mal unsere neuen Pullis vorführen, die uns die All-in-one Werbung in Bernsbach noch ganz schnell vor Reiseantritt hergestellt hat.
Nun waren es noch ca. 3 km bis Drei-Annen-Hohne, die wir im Sonnenschein wandern durften. Von dort ging es dann mit dem Wandertaxi zurück nach Osterode, Ausgangspunkt unserer Hexenstieg-Wanderung.
Da wir leider aus einem Corona-Risikogebiet kommen, dürfen wir den Rest des Hexenstieges nur machen, wenn wir keine Unterkunft benötigen. In Sachsen-Anhalt gilt Beherbergungsverbot. Deswegen werden wir morgen noch ein kleines Ründchen in der Nähe von Osterode drehen und uns dann wieder auf den Heimweg machen.
Harzer Hexenstieg: Tag 3 – Polsterberg bis Torfhaus
Vorsichtig schauten wir heute Morgen aus dem Fenster – und siehe da, die Sonne versuchte mit aller Macht aus den Wolken hervorzubrechen. Endlich eine Wanderung ohne Nässe von oben.
Nach einem ausgiebigen Frühstück und einer liebevollen Verabschiedung aus dem Landhaus Meyer wurden wir per Wandertaxi zurück an unsere gestrige Ausstiegstelle – den Polsterberg – gefahren. Die Tour gestaltete sich anfangs etwas schwerfällig, mussten wir doch über etliche Spurrinnen der Försterei balancieren. Von überall her hörten wir Kettensägen. Unser Fahrer hatte uns erklärt, dass schon seit Jahren der Harz wieder aufgeforstet würde – der Borkenkäfer und die Trockenhet machten eine Umstrukturierung des Waldes notwendig. Wie notwendig erfuhren wir erst am Ende dieser Wanderung.
Als der Wald sich lüftete, tat sich vor uns endlich einmal die Schönheit der Harzer Landschaft auf. Kein Regen, kein Matsch, nur ein wunderschöner Wanderweg.
Der erstreckte sich über wenige Kilometer und führte uns schließlich zu einem Wanderweg entlang eines eisenfarbenen Wassergrabens, der uns fast bis zum Rest der Strecke begleitete.
Hier war es herrlich. Neben haufenweise Informationen rund um die Wassserkraft im Bergbau, faszinierte uns hier vor allem die ruhige Abgeschiedenheit, der wunderbar weiche Waldboden, der von Tannennadeln übersäht war und die vielen traumhaften Ausblicke.
Zwischendurch schaffte es sogar die Sonne durch die Wolken und auf einmal war der ganze Frust von gestern vergessen. Die Unterseiten der Blätter glitzerten im Wind wie kleine Blüten. Das Licht fiel durch das bunte Herbstlaub, im Wasser spiegelten sich die Wolken und der Wind pfiff uns fröhlich ein Lied, als wolle er uns liebevoll anschieben. Die Füße trugen uns leichter, der Kopf wurde freier und die Laune immer besser.
Irgendwann öffnete sich der Wald vor uns und wir trafen auf ein unglaubliches Panorama. Leider nicht im positiven Sinne. Kilometerweise abgestorbene Nadelbäume, gerodete Flächen und umgeknickte Stämme, so weit das Auge reicht. Fassungslos blickten wir auf das öde Land, was sich uns bot. Anja meinte, Sauron aus „Herr der Ringe“ hätte einmal durch das Land gewütet – und genau so sah es aus.
Wie krass der Harz wirklich von Trockenheit und Borkenkäfer betroffen ist, wurde uns erst hier bewusst. Schweigend wanderten wir durch die umgestürzte Baumlandschaft, blickten mit gemischten Gefühlen über die gerodeten Flächen und mit mulmigen Gefühlen zu den vollständig abgestorbenen Baumflächen. Wir lasen die Warnung, man solle sich achtsam bewegen und dass niemand Verantwortung übernähme, falls man von einem umfallenden Baum getroffen würde.
Das letzte Wegstück in Richtung Torfhaus war deswegen irgendwie bedrückend. Als wir einen ziemlich steilen Abhang herunterkletterten und versuchten, auf dem schlammigen Boden nicht auszurutschen, knarrzte auf dem gegenüberliegenden Hang ein Baumstamm, um dann mit berdohlichem Krachen einfach in sich zusammenzubrechen.
Man weiß nicht, was man denken soll: Ist das der Lauf der Natur und reguliert sie sich damit selbst? Schließlich sprießen zwischen den „Baumleichen“ auch neue, kleine Bäume – vor allem Fichten und Buchen.
Oder verfällt hier das „Ökosystem Harz“, weil es sich nicht schützen kann vor dem Borkenkäfer oder einer jahrelangen Wasserarmut?
Unser Fahrer sagte uns bei der Hinfahrt: „Ich werde es sicher nicht erleben, aber der Harz wird eine ganz neue Landschaft werden.“
Im Vordergrund die neuen kleinen Bäume, die sich einen Platz suchen. Im Hintergrund oben rechts und links die toten Bäume, die nur auf den richtigen Windstoß warten, um umzufallen.
Das letzte Stück nach Torfhaus ging es steil bergauf. Wir zwei kamen noch mal richtig ins Schwitzen. War der Weg bis jetzt immer nur mit leichten Steigungen verbunden, ging es dafür jetzt ans Eingemachte.
Immer den großen Sendemast des NDR im Blick, wanderten wir durch die gefährlichen Totholzwälder und später dann durch die bereits umgefallenen Bäume. Wie silberne Reliquien muteten sie auf dem herbstfarbenen Gräsern an. Oft kam uns der Gedanke, dass vielleicht durch eben jene mystische Landschaft der Harz mit so vielen Sagen und Märchen verbunden ist.
In Torfhaus angekommen, hatten wir es mit ganz profanen Problemen zu tun: unser Bus nach Braunlage fuhr nur einmal in der Stunde und sollte in zwei Minuten an der Bushaltestelle ankommen. Mit einem kleinen Sprint schafften wir es – unsere Unterkunft ist etwas abseits vom Hexenstieg. Morgen werden wir hier wieder einsteigen.
Sehr unschön war die Busfahrt. Als wir zustiegen war der Bus bereits fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Trotz Corona, Abstandsregeln und Mundschutzpflicht hielt die Busfahrerin zwei weitere Male, um jeweils eine Schulklasse mitzunehmen. Viel zu vollgestopft fuhr der Bus die steilen Serpentinen nach Braunlage hinab. Hier konnten wir noch einmal die kilometerlangen toten Waldflächen sehen – es war wirklich gruselig.
Heute sind wir im Forsthaus Braunlage untergebracht. Luise schläft im Haupthaus in einem sehr schönen und modernisierten Zimmer. Anja schläft im Gästehaus in einem winzigen Zimmer mit Bad, in dem man sich nicht einmal umdrehen kann. Was soll’s – wir sind eine Nacht hier und zum Schlafen reicht’s.
Morgen geht’s in Richtung Brocken und leider ist damit unsere Hexenstiegwanderung dann auch schon wieder vorbei. Da das Erzgebirge Risikogebiet ist und Sachsen-Anhalt keine Risikogebietsbewohner beherbergt, müssen wir morgen zurück nach Osterode.
Fazit von heute: 19 km traumhafte Strecke mit vielen Aussichtspunkten, informativen Raststellen und einem mulmigen Gefühl.
Harzer Hexenstieg: Tag 2 – Osterode bis Polsterberg
Heute stand der erste Abschnitt des Harzer Hexenstiegs von Osterode nach Riefensbeek-Kamschlacken an. Zum Frühstück beobachteten wir schon skeptisch den Himmel, aber er verhielt sich völlig unauffällig – nur um uns dann beim Verlassen des Hotels mit einem stetig feinen Nieselregen zu ärgern. Zum Glück hatte Anja die beiden Foliecapes – von uns liebevoll „Kondome“ genannt – eingepackt, um uns vor dem Gröbsten zu bewahren.
Unsere Wanderstecken hatten wir an die Rucksäcke gebunden und mit den beiden Kondomen über allem sahen wir tatsächlich ein bisschen wie zwei buckelige Hexen aus. Zum Glück hörte der Regen nach kurzer Zeit auf, dafür hielt sich der Nebel hartnäckig bis zum Ende unserer ersten Tour. Es ging gefühlt immer bergauf! Wirklich. Wir liefen um eine Wegbiegung und es ging bergauf. Nach dieser Biegung ging es wieder bergauf. Wir hatten heute das Gefühl, mindestens 2000 Höhenmeter gestemmt zu haben. Haben wir natürlich nicht, aber durch das kalte und trübe Wetter fühlte sich alles extrem anstrengend an. Hinzu kam, dass der Regen der vergangenen Woche den Boden so extrem aufgeweicht hatte, dass wir kilometerweit durch Matsch wateten und das erschwerte das Wandern zusätzlich.
Nach einer winzigen Pause am Eselsplatz ging es weiter in Richtung Mangelhalber Tor. Trotz des ekligen Wetters hatten wir einige Wandergefährten, die dasselbe Ziel im Auge hatten. Zum Glück verlief sich das unterwegs, so dass wir trotzdem den größten Teil der Strecke für uns allein waren.
Wenn das Wetter nicht so eklig gewesen wäre und der Boden sich nicht so krampfhaft an uns festgehalten hätte, wäre das bestimmt eine zauberhafte Tour geworden, denn wir kamen an vielen Aussichtspunkten vorbei. Nur leider sahen wir nichts als Nebel.
Auf einem langen Kammweg wanderten wir weiter zum Ziegenberger Teich, immer den Entensumpf auf der Karte im Blick. Dort sollten wir uns telefonisch beim Hotel melden, was uns beim Endpunkt der ersten Strecke, am Polsterberg, mit dem Auto abholen wollte. Das hat prima geklappt und wir haben schon von einer heißen Dusche halluziniert.
Wir hatten mittlerweile das Gefühl, mindestens 30 km gelaufen zu sein. Es waren aber erst 14 km. Der letzte Abschnitt zum Polsterberg führte durch den Hutthaler Graben – ein Bergbaupfad, der sehr informativ und sicher auch sehr schön sein kann, wenn das Wetter denn mitspielt. Diego war inzwischen zu einem zweifarbigem Hund mutiert – auch er freute sich auf die Dusche.
Nach 17,5 km kamen wir am Parkplatz am Polsterberg an und wurden dann auch gleich vom Hotel Landhaus Meyer abgeholt.
Fazit der ersten Tour: Bei schönem, trockenem Wetter ist der Tourenabschnitt sicher wunderschön, mit vielen Aussichtspunkten, vielen kleinen Sitzmöglichkeiten und interessanten Infotafeln. Wir müssen uns jetzt erst mal ausruhen. 🙂
Fernab unseres geliebten Erzgebirges hat es uns diesmal in den Harz verschlagen. Schon 2019 besuchten wir Bad Lauterberg für einen Kurzurlaub mit Wellness und Wandern und da entstand die Idee, den Harzer Hexenstieg in Angriff zu nehmen.
Heute ist es endlich soweit. Nach kurzen drei Stunden Fahrt und einer turbulenten Woche, die uns beiden vorangegangen war, sind wir endlich angekommen. Zum Glück hat travel4dogs – unser Reiseanbieter – alles möglich gemacht, damit wir trotz verschiedener Beherbergungsverbote fahren durften. Unser kleiner Tripp sollte ohne Gepäck über sechs Tage dauern – wir wollten gern von Unterkunft zu Unterkunft wandern. Jetzt geht das nur bis Donnerstag, also 4 Tage, weil es in Sachsen-Anhalt noch das Beherbergungsverbot gibt. In Niedersachsen dürfen wir aber bleiben.
Und da sind wie heute auch den ersten Tag gelandet. Wir sind im Hotel & Restaurant Zum Röddenberg untergekommen. Ein schönes Hotel in ruhiger Lage, mit einfachen, sauberen Zimmern und wirklich hammermäßigem Essen!
Hier gibt es herrliche Ausblicke zu genießen – nur am Anfang ist der Aufstieg ein bisschen beschwerlich, besonders, da es die letzten Tage so viel geregnet hat.
Wir freuen uns jetzt auf unser kleines Abenteuer. Das richtige Outfit haben wir schon mal eingepackt für den Hexenstieg.